Mit ein paar schnellen Schritten war sie bei der Regentonne. Sie beugte sich über den Rand. Tiefschwarzes Wasser. Es sah eisig aus. Ein paar herbstbunte Blätter, Haare, kleine Fellbüschel, kleine Ästchen. Nichts zu sehen von den drei kleinen Kätzchen, die der dicke rotgesichtige Mann gerade dort hineingeworfen hatte.
Starr vor Schreck hatte sie nicht einschreiten können. Der Schrei war ihr im Halse stecken geblieben. Sensibel wie sie schon immer gewesen war, standen ihr sofort Tränen in den Augen.
So hatte sie zunächst tatenlos zugesehen.
Doch jetzt war sie wild entschlossen und griff in die eiskalte Jauche. Die Tonne schwankte leicht als sie endlich etwas warmes weiches ergreifen konnte. Sie hob es aus dem Wasser. Noch war der kleine Körper warm, hing jedoch leblos auf ihrer Hand, die jetzt selbst eiskalt war wie der Tod.
Noch nie zuvor hatte sie versucht, einem Tier erste Hilfe zu leisten. Sie tat einfach, was ihr Instinkt ihr eingab: sie hüllte den kleinen dreifarbigen Katzenkörper in ihre dicke Jacke und pustete dem winzigen Wesen ins Gesicht. Vorsichtig drückte sie das kleine Maul ein wenig auseinander und dann gab sie ihren Atem hinein. Mit dem Daumen massierte sie die Brust an der Stelle, an der sie das Herz vermutete mit sanftem Druck.
Drei, vier Mal atmete sie in das Maul der Katze. Riss ihre Mütze vom Kopf und legte sie hinein, um ihr noch mehr Wärme zu geben.
Zwischendurch dachte sie: es waren doch drei!
Es verging zu viel Zeit.
Sie würde nicht alle retten können.
Vielleicht nicht einmal diese.
Sie verstärkte den Druck ihres Daumens wie bei einer Herzdruckmassage.
Blies Luft in den kleinen Körper und wirklich: plötzlich bewegten sie die kleinen Pfötchen. Ein Wimmern ließ sich hören.
Wieder liefen ihr Tränen übers Gesicht als sie leise murmelte:
„Hallo kleine Felicitas!“
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Eine Geschichte im Rahmen der Schreibeinladung zu den abcEtüden von Christiane.
Sehr bewegend. Ich hab beim Lesen feuchte Augen bekommen.
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oh
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Schön!
Danke sehr!
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Gänsehaut und freudige Ahnung!
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Und die anderen beiden?
„Beeil dich“, möchte man rufen…
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Ach Gottchen, die Ärmste *schnüff*. Sehr herzzerreißend.
Ich gerate so in schwarze Wut, wenn ich mir solche Szenen vorstelle, das möchtest du nicht erleben, da geht mir das Messer in der Tasche auf.
Danke für die Etüde und Nachtgrüße 😺🌧️🍷🍪👍
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Gerade noch rechtzeitig beachtete ich diesen Beitrag und habe dann – aus dem Impuls – ganz schnell gehandelt: Habe ihn einfach, ohne Sie zu fragen, auf meinem Blog gezeigt, genauso schnell, wie Sie das eine der 3 Kätzchen aus dem eisig kalten Wasser retten konnten – zwar nicht wirklich. Doch Ihre Worte zeigen, daß Sie genauso handeln würden: mit Herz.❤️
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Schön, dass Sie mitmachen 😀
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Mich bedrücken solche Geschichten, weil man sich irgendwie hilflos vorkommt.
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Oh, wie schlimm!!!! Und zum Glück hat sie mindestens die eine retten können…
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So gut, dass sie wenigstens eine retten konnte und ihr dann diesen passenden Namen gegeben hat.
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