Das Interview
„Sind eigentlich alle deine Geschichten biografischer Natur?“ fragte die junge Journalistin, während sie auf ihr Mikrofon starrte und zu ergründen versuchte, ob es denn auch eingeschaltet sein. Dann griff sie mit der linken Hand an einen Knopf am Mikro, drückte ihn und erzeugte eine schrecklich laut fiepsende Rückkopplung, ließ vor Schreck die Karteikarten mit den Fragen fallen und als sie sie auffangen wollte, auch das Mikro. Es knallte und polterte. Sie sank auf die Knie.
Ich war genervt.
Ich konnte mich nicht erinnern, soviel Unprofessionalität erlebt zu haben.
Ich stand auf.
Auf dem Boden hockend, blickte sie hoch und wimmerte:
„Bitte! Warte!“ raffte eilig ihre Utensilien zusammen: „Ich bin gleich soweit.“
Ich blieb stehen.
Sie kam hoch und sah mich immer noch flehentlich an:
„Bitte! Ich verlier meinen Job, wenn ich das hier verkacke“
„Sorry! Aber das kann ich gut verstehen“ sagte ich und wandte mich ab.
Sie lief mir hinterher. Ihre trippelnden Schritte nervten mich genauso wie ihre Ungeschicklichkeit.
Abrupt blieb ich stehen und drehte mich um.
Sie konnte kaum stoppen.
„Okay!“ lenkte ich ein: „Diese eine Frage beantworte ich und dann bin ich weg!“
Ich zeigte auf das Mikro und sagte: „Ist das Ding an?“
Sie nickte.
„Keine meiner Geschichten ist autobiografisch, aber jede ist geprägt von meinen Erfahrung. Wenn ich eine Geschichte schreibe, sind die Dinge, die ich erlebt und gesehen habe in mir aufgereiht wie Gemälde in einem Museum und fließen in jeden meiner Sätze ein; deshalb kann man meine Geschichte auch als biografisch verstehen – wenn man will. Sie sind mir, aber nicht ich!“
Dann wandte ich mich wieder ab und ging.
Eine Geschichte im Rahmen der Schreibeinladung zu den abcEtüden von Christiane.
Sehr lebendig erzählt!
Nur in dem letzten Satz fehlt irgendein Wort.
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Vielen Dank!
Ja, ein wenig sperrig…
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„Sie sind mir, aber nicht ich.“ Was fehlt da?
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Sie sind mir – aber nicht ich, soll das heissen: der Input, das Erlebte, Erfahrene, Gesehene, Verarbeitete erzeugt einen Output, der ich doch nicht eigentlich bin? Ich habe also zwei biografische Abdrucke: einen wirklichen und einen fiktiven? Aber die Mehrzahl der Leute, die mich dann lesen verbinden das doch mit mir als Schriftsteller. Und wäre es nicht ein biografischer Baustein, dass man eben solche Geschichten schreibt?
Schwieriges Thema.
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ha!
ich sehe du verstehst mich! und das ja nicht zum ersten Mal.
ja, ich denke, das ist oft nicht so einfach zu sagen: bisher war keine meiner Geschichten hier biografisch und doch steckt immer ganz viel von mir selbst darin.
deine „zwei biografischen Abdrucke“ gefallen mir sehr!
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„Sie sind mir, aber nicht ich.“ Besser hat das für mich noch nie jemand je ausgedrückt. Danke.
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oh wie wunderbar!!!
Dankeschön!
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Herablassender Kotzbrocken! 😉
Dein Protagonist übergeht m. E. mindestens eine weitere Ebene: die sogenannte objektive, die beschreibt, wie es „wirklich“ war, die, die nicht von ihm und seiner Erinnerung eingefärbt worden ist.
Toll, wenn man so wichtig ist, dass man Mäuse einschüchtert 🐁…
Abendgrüße 😁✨🍷🍪👍!
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uuuups
ich hoffe, du meinst meinen Protagonisten….(der in meinem Kopf eine Protagonistin war ;))
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Echt???? 😁😁😁 Eine Frau? Darauf wäre ich niiiiie gekommen, für mich war das so ein typisch männliches Kotzbrockenverhalten! 😉
Okay, es macht sie nicht sympathischer 😁
Ob ich dich meinen könnte, entscheide ich erst, wenn ich dich persönlich kennengelernt habe, bis dahin bist du safe und ich denke ausschließlich das Beste von dir, versprochen! 😉👍
Die Etüde ist gut, ich rege mich über die Person auf, das würde ich sonst nicht tun 😁🍷👍
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puh!
da hab ich ja nochmal Glück gehabt…
ich finde es interessant, wie die Sympathien „verteilt“ sind. Aber es ist wunderbar, dass es so an-, auf-„regt“
schön!
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