Nur ein Möbel
„Orrr Mama!“ rief Luisa, so laut, dass es in der ganzen Abteilung des Möbelhauses zu hören war: „Das ist so total Biedermeier. Das will doch keiner!“ Dabei sah sie die Biedermeier Chaiselongue so verächtlich an als würde sie riechen.
Karin sah sie traurig an. Doch dann straffte sie die Schultern und sagte:
„Das mag sein, dass du es nicht magst, aber ich finde es wunderschön!“
Sie sah ihre Tochter an.
„Ich werde es kaufen!“
Luisa winkte ab und meinte:
„Tu, was du nicht lassen kannst! Ist ja deine Wohnung.“ Sie schürzte die Lippen und Karin wusste, dass sie damit auch ihre Verachtung für die Trennung von ihrem Vater zum Ausdruck bringen wollte, die sie niemals verstehen würde. Sie war fest überzeugt, dass es niederträchtig von ihr war, ihn allein zu lassen und sie würde ihr nicht sagen, dass er gar nicht allein war, sondern sie betrog. Das sollte er ihr mal schön allein beibringen.
Luisa war derweil auf dem Chaiselongue gelandet und probierte es aus. Nebenbei angelte sie nach dem Preisschild. Machte große Augen und rief:
„Wow! Da geht aber ne ganze Menge Kohle flöten“
Sie strich mit der Hand über den gestreiften Stoff und meinte dann anerkennend:
„Naja, bequem ist es!“
Karin atmete auf. Diese Worte aus dem Mund ihrer Tochter waren schon fast versöhnlich. Irgendwann würde sie auch den Rest verstehen.
Eine Geschichte im Rahmen der Schreibeinladung von Christiane.
Mehr Wertschätzung kann man von einer Pubertierenden wirklich nicht erwarten 😉
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Mir kam Luisa auch recht erwachsen vor; oder es gibt einen sehr guten Draht, was man in beiden Fällen der Ursache der Mutter (und vermutlich auch dem Vater) zugute halten kann 😉
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Ja, und wenn sie gut gewählt hat, beweist das Möbel Stil, was mehr ist, als man von vielen Möbelstücken (und Menschen) sagen kann. Und der Rest findet sich später. 🤔😉
Danke dir, sehr gerne gelesen.
Morgenkaffeegrüße 😁⛅☕🍪👍
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Da sind schon zwei so tolle Kommentare aus dem Fundevogelnest und von Christiane, die so gut ausdrücken, was ich auch empfunden habe, da bleibt mir nur noch ein Kompliment dafür, dass du dich offenbar so gut in die manchmal so komplizierte Mutter-Tochter-Kommunikation einfühlen kannst, um sie so gut zu beschreiben.
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Aus dem Leben gegriffen – sehr realistisch und ich hab es gerne gelesen. Danke
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Pubertierende Mädchen und Ehemänner reagieren oft in der gleichen Art: „Ach, ist doch gar nicht so schlecht, wie ich dachte“.
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eine interessante These…;)
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