M/ein Versuch sich einzufühlen, in eine Situation, die viele Menschen um alles gebracht hat – zu viele auch um ihr Leben. Gewidmet den Menschen im Ahrtal.
Triggerwarung
[ACHTUNG: Triggerwarnung: Dieser Text enthält Szenen, die emotional belastend sein können und/oder Flashbacks auslösen oder Erinnerungen freisetzen. Bitte lesen Sie diesen Text nicht, wenn Sie fürchten müssen, getriggert zu werden!.]
Trostlos
„Da kannst du putzen wie du willst!“ sagte Gerhard mit in die Hüften gestemmten Armen. Er stand und schaute seiner Frau zu. Diese – mit einer Kittelschürze bekleidet wie sie manch junger Mensch gar nicht mehr kannte – schob mit einem ebenso altertümlichen Schrubber den stinkenden Schlick von der Veranda. Die Borsten des Schrubber waren tiefbraun, schlammverklebt und fast bis auf den Holzboden der Bürste. Er kratzte über die gesprungenen, in sich verschobenen Betonplatten der einst Veranda. Nur die Pumpe im Keller übertönte das Kratzen.
Er wusste, dass sie weinte, auch wenn er ihre Tränen nicht sah.
Auch seine Augen brannten.
Jedes Mal zuckte er zusammen, wenn sie mit dem Schrubber an einer Kante hängenblieb. Dann ging ein Ruck durch ihren Körper. Er fürchtete, sie würde stürzen. Doch sie hielt sich am Stiel des Geräts fest, schwankte nur kurz und machte dann erbost weiter.
Gerhard sah an sich herunter.
Seine Gummistiefel waren schlammverkrustet. Die Hose vollkommen verdreckt. Seine Hände schmutzig wie sein Gesicht.
Seit Tagen hatten sie sich nicht wirklich waschen können. Die Liegen in der Notunterkunft waren unbequem. Die vielen Menschen und ihre Ausdünstungen, das Schnarchen und Weinen, die eigenen Sorgen und Ängste ließen sie beide nicht schlafen. Manchmal sackten ihm die Sinne weg. Dann sah er noch einmal das Wasser den Berg herunter rasen, die Schreie der Menschen, den Moment als es Maria von den Füßen gerissen hatte und er sie gerade noch greifen konnte. Nie würde er ihren Blick vergessen.
Wieder ergriff auch ihn der Zorn über die ominöse Warnmeldung, die es nie gegeben hatte. Die Wut schoss in ihm hoch. Er ballte die Fäuste. Sein Herz raste.
In diesem Moment brach der Stiel von Marias Schrubber und sie stürzte.
Er war sofort bei ihr. Stützte sie. Nahm sie in die Arme.
Doch Trost gab es keinen.
Eine Geschichte im Rahmen der Schreibeinladung von Christiane.
Sehr ergreifend Kain.
Ich finde es gut dass du dich an das Thema herangewagt hast.
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schwierig…ich weiß nicht mal, ob mir das …zusteht?
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Wie Christiane schreibt: Du hast dich sehr emphatisch und vorsichtig an das Thema herangewagt.
Ich finde es gut, irgendwie muss man solche Vorkommnisse verarbeiten dürfen.
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Dankeschön!
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Danke! Direkt hier bei uns. Unfassbar!
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lieben Dank!
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Schwer zu lesen, schwer auszuhalten, wenn man sich hineinfallen lässt.
Ob einem das zusteht, darüber zu schreiben, wenn man es nicht selbst erlebt hat? Kommt drauf an, denke ich. Wer sich aber so empathisch und vorsichtig annähert wie du, der macht für mein Gefühl nichts falsch 👍
Gewittergrummelabendgrüße und danke! 😉⛈️🍷🍪👍
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Ich verneige mich und danke für deine Worte!
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Sich so einzufühlen erfordert emotionalen Mut, finde ich, und es so in Worte zu fassen, dass es diese Nähe wiedergibt, lässt für mich keinen Zweifel, dass es richtig war.
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Ganz lieben Dank für deine Worte!
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Ein sehr einfühlsamer Text. Danke dafür.
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vielen Dank!
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Sehr berührend, weil nicht nur wie eine Nachricht geschrieben, sondern weil man merkt, Du hast Dich richtig in die Lage hinein versetzt.
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Hab Dank für Deine Worte!
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